Ehemalige Schulsanitäterin besucht die aktiven Schulsanitäter an der Staatlichen Wirtschaftsschule in Deggendorf
Letzte Woche gab es bei den Schulsanitätern an der Staatlichen Wirtschaftsschule eine große Überraschung. Die ehemalige Schulsanitäterin Julia F., die jetzt beim BRK in Deggendorf eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin absolviert, besuchte ihre Nachfolger an der Schule. Besondere Begeisterung rief bei den Schulsanitätern hervor, dass Julia dabei gleich noch einen Rettungswagen mitbrachte, um ihnen am konkreten Beispiel die Möglichkeiten und Grenzen der präklinischen Notfallversorgung aufzuzeigen.
Julia war selbst viele Jahre als Schulsanitäterin an der Wirtschaftsschule in Deggendorf tätig und hat sich dann entschlossen, nach bestandenem Abitur, diesen Weg auch beruflich einzuschlagen.
Die Schulsanitäter erwarteten mit großer Spannung die Ankunft des Rettungswagens von der Rettungswache Deggendorf. Nach einer kurzen theoretischen Einführung über den organisatorischen Ablauf einer Schicht, gab es gleich noch eine heiße Diskussion über die Zukunft des Rettungsdienstes, über Schockraum A und B und über die Einführung des Teledoktors in Bayern.
Besonderes Interesse rief bei den Schülern auch der berufliche Werdegang der ehemaligen Kollegin hervor und man war auch über die sehr lange Ausbildungszeit zum Notfallsanitäter erstaunt.
Dann war es endlich soweit, die Schüler durften sich das Fahrzeug und die sich darin befindliche Ausrüstung genauer ansehen. Selbstverständlich musste dann auch dem Lehrer, Herrn Schneider, der Blutdruck mit dem EKG-Gerät (LP 12) gemessen werden. Werte können hier jedoch an dieser Stelle nicht veröffentlicht werden, da sie der Schweigepflicht unterliegen.
Die professionelle Sanitäterin erklärte den Schülern geduldig alle im RTW vorhandenen technischen Geräte und die medizinischen Ausrüstungsgegenstände. Da das Fahrzeug im Grunde als eine rollende Intensivstation konzipiert ist, können alle wesentlichen lebenserhaltenden Maßnahmen, wie z. B. Beatmung, EKG-Analyse, Defibrillation und Schockbekämpfung im Fahrzeug durchgeführt werden.
Alle Materialien und Medikamente sind in einem RTW doppelt vorhanden, so kann man sie notfalls auch in den zehnten Stock oder an einen anderen Ort hinschleppen, um ein Menschenleben zu retten. Die Ausrüstung ist deshalb praktischerweise in einem tragbaren Rettungsrucksack verpackt, damit man schnell auch im unwegsamen Gelände Hilfe leisten kann. Die Packordnung des Rucksacks wurde fachmännisch von den Schulsanitätern begutachtet und über die Sinnhaftigkeit diskutiert. Alles war fein säuberlich an seinem Platz. Zu den grundlegenden Eigenschaften einer RTW-Besatzung zählt deshalb auch immer die Ordnung. Jede Schicht ist verpflichtet, das verbrauchte Material sofort wieder aufzufüllen und an den ursprünglichen Ort zurückstellen oder zu legen. Das Fahrzeug muss 24 Stunden voll einsatzbereit sein und sollte jederzeit mit Sanitätskräften ausrücken können. Schlamperei innerhalb der Mannschaft kann nicht geduldet werden. Immerhin geht es dabei ja um Menschenleben. Da zählt jede Sekunde, da müssen alle wissen, wo welches medizinische Gerät im Fahrzeug zu finden ist.
Nicht erst seit Corona muss bei jedem Einsatz auch großer Wert auf die Durchführung der Hygiene im Fahrzeug gelegt werden. Alle patientenberührenden Teile müssen ständig gereinigt und desinfiziert werden. Beim Transport von infektiösen Patienten gibt es sogar eine besondere Schutzausstattung für das Personal.
Selbstverständlich begutachteten die Schüler auch an der Rettungstrage alle möglichen Funktionen und probieren alles intensiv aus. Da gab es schon zahlreiche Hebel und Knöpfe zu drücken. Der eine oder andere Sanitäter durfte dabei auch das unheimliche Gefühl erleben, mit der Trage in den Rettungswagen geschoben zu werden. Dabei halfen immer alle mit, all dies geschah immer unter den wachsamen Augen der professionellen Retterin, damit ja kein Unfall entstehen konnte oder sich jemand gar die Finger einklemmt.
Geduldig beantwortet Julia alle Fragen der Schüler. Dass eine Rettungsdienstschicht sowohl körperlich als auch seelisch belastend ist, konnten sich die Teilnehmer schon vorstellen. Die professionelle Sanitäterin erzählte den Schulsanitätern noch, dass besonders schwere Verkehrsunfälle, schwerstkranke und sterbende Patienten, aber auch alte, vereinsamte Personen, die in unzumutbaren häuslichen Verhältnissen leben müssen, häufig die Psyche des Rettungsdienstpersonals stark belasten. Insgesamt gesehen ist der Rettungsdienst ein äußerst anstrengender und kräftezehrender Beruf, und das alles läuft 24/7 in einem Drei-Schichtsystem. Es gibt kein Weihnachten und keinen Geburtstag. Wenn der Piepser losgeht, muss schnellstmöglich ausgerückt werden, selbst wenn man unter der Dusche steht oder gerade das Frühstück genießt.
Als besonders belastend schilderte Julia Einsätze, bei denen Kindern betroffen sind. Die Frequenz dieser Einsätze ist zwar gering, aber deshalb nicht minder problematisch. Solche Einsatzmeldungen rufen auch bei erfahrenem Rettungspersonal immer eine gewisse Unruhe hervor.
Der Rettungsdienst wird zunehmend bei allen Problemen der Menschen alarmiert. Es gibt deshalb auch zahlreiche Einsätze, in denen ein Eingreifen des Sanitätspersonals nicht unbedingt nötig ist. Häufig ist auch einfach nur Zuhören und psychische Betreuung gefragt, um das Leiden der Patienten zu mindern. Auf der anderen Seite steht häufig die ganze Bandbreite des Schreckens. Manchmal, so Julia, gibt es auch für das Sanitätspersonal bedrohliche Situationen. Da schaut man schon mal in ein gezücktes Messer oder wird sogar auch selbst tätlich angegriffen.
Einer der Höhepunkte war selbstverständlich, den Schülern den Knopf für das Einschalten des Blaulichts im Fahrzeug zu zeigen. Draufdrücken durfte allerdings niemand.
Alle Schulsanitäter waren von dem Besuch ihrer ehemaligen Kollegin begeistert. Julia selbst fand die Fortbildung auch für sich selbst gewinnbringend. Sie hat sich auch gefreut, mal wieder an ihrer alten Wirkungsstätte zu sein und es bereitete ihr großen Spaß, den Nachwuchs auszubilden. Zum Abschied sagte sie: „Gerne komme ich mal wieder!“ Ja, Julia, wir würden uns selbstverständlich auch sehr freuen, wenn du mal wieder zu uns zurückkommen würdest!
Wir danke auch dem BRK Deggendorf für die Gelegenheit, einen RTW aus der Nähe betrachten zu können.
Von Christoph Schneider