Entnommen aus der PNP, 30. April 2015

Die Lokomotive unter den Wirtschaftsschulen
Modellversuch ab der sechsten Jahrgangsstufe kommt in Deggendorf besonders gut an

Deggendorf. Über einen Rückgang bei den Anmeldezahlen klagen die meisten Wirtschaftsschulen in Bayern. Ganz anders sieht es in Deggendorf aus: Die Staatliche Wirtschaftsschule erfreut sich steigender Beliebtheit. Auch dank der Teilnahme am Schulversuch "Wirtschaftsschule ab Jahrgangsstufe 6", zu dem sie seit dem Schuljahr 2013/14 zugelassen wurde. "Wir haben fürs neue Schuljahr so viele Anmeldungen, dass sie für die Bildung von zwei Klassen ausreichen würden", freute sich Schulleiter Johann Riedl gestern. Zusammen mit Staatssekretär Bernd Sibler, Landrat Christian Bernreiter, drittem Bürgermeister Hermann Wellner und Regierungsdirektor Roland Ilg von der Regierung von Niederbayern zog er eine positive Zwischenbilanz.
Ein Übertritt an die Wirtschaftsschule ist erst nach der sechsten Klasse möglich. An den fünf bayerischen Modellschulen, darunter eben auch Deggendorf, können jetzt die Schüler bereits nach dem Besuch der fünften Klasse an einer Mittelschule, Realschule oder Gymnasium an die Wirtschaftsschule wechseln. "Diese Möglichkeit nimmt Eltern und Schülern den Übertrittsdruck", lobte Roland Ilg das Schulmodell, das in Deggendorf besonders gut laufe: "Wir sind die Lokomotive der Modellschulen", betonte Schulleiter Johann Riedl. Im ersten Jahr des Schulversuchs wurde eine sechste Klasse mit 26 Schülern gebildet, die aktuelle 06 MV besuchen 25 Schüler. Fürs kommende Schuljahr liegen bereits 33 Anmeldungen vor.
Die Schüler kommen hauptsächlich aus Deggendorf, wie eine kurze Umfrage von Staatssekretär Bernd Sibler in der Klasse 06 MV ergab. Das liegt vor allem natürlich daran, dass es in Deggendorf keine Buben-Realschule gibt. Aber auch aus dem restlichen Landkreis, auch aus Plattling und Stephansposching, sind Schüler in der Klasse anzutreffen. Die Vorteile des Wirtschaftsschulbesuchs liegen für Johann Riedl auf der Hand: vertiefte Allgemeinbildung mit intensiver Vorbereitung auf die spätere berufliche Tätigkeit, viele Inhalte, die auf der betrieblichen Praxis beruhen, und die Chance, sich nach einem Jahr an der Mittelschule, Realschule oder Gymnasium noch einmal neu zu orientieren.
Stellvertretender Schulleiter Peter Werner hob auch das Fach Übungsunternehmen – ein Pflichtfach ab der neunten Klasse – hervor, das an der Wirtschaftsschule einzigartig sei und für eine besonders gute Vorbereitung aufs Berufsleben sorge. "Unsere Schüler werden von den Unternehmen gern genommen", sagte denn auch Johann Riedl.
"Wir brauchen solche flexiblen Modelle als Antwort auf den allgemeinen Schülerrückgang", erklärte Staatssekretär Bernd Sibler. Schulleitung und Lehrer hätten sich mit viel Engagement an eine inhaltliche Neukonzeption gewagt und ermöglichten so den Sechstklässlern an der Wirtschaftsschule einen sanften Übergang. "Im Schulversuch muss sich zeigen, wie die Wirtschaftsschule ab der sechsten Klasse in die Schullandschaft passt", erklärte Sibler. "In Deggendorf schließt sie eindeutig eine Lücke", befand Landrat Christian Bernreiter. Auch dritter Bürgermeister Hermann Wellner sah in dem Konzept eine gute Ergänzung zur Schullandschaft in der Stadt. "Der Schulversuch tut Niederbayern gut", stellte Roland Ilg fest und lobte die Wirtschaftsschulen als "sehr gute Schulart".
Doch die Erwachsenen können noch so viel diskutieren, letzten Endes wissen die Schüler am besten, wie es in der Klasse klappt. Und so machten sich Johann Riedl und Peter Werner mit den Ehrengästen auf in die Klasse 06 MV von Kathrin Grimm. Die Schüler gaben anhand einer Power-Point-Präsentation und einer Umfrage Einblick ins Schulleben in ihrer Klasse, berichteten von vielen außerschulischen Aktivitäten, angemessen vielen Hausaufgaben, gut verständlichem Lernstoff und einer guten Kameradschaft.
Der Schulversuch läuft noch bis zum Schuljahr 2018/19.− sas

Bild: Da können die Erwachsenen noch so viel diskutieren, am besten wissen doch die Schüler, wie es in der Klasse klappt. So informierten sich gestern (v.r.) Staatssekretär Bernd Sibler, Schulleiter Johann Riedl, Regierungsdirektor Roland Ilg, Landkreiskämmerer Werner Neupert, dritter Bürgermeister Hermann Wellner und Landrat Christian Bernreiter (links) bei den Schülern von Kathrin Grimm über deren Erfahrungen. − Foto: Süß